Mammut-Gemälde im Kloster

Neues Rundbild des Malers Hans Kloss erzählt auf
135 Quadratmetern die Geschichte der Staufer

Die Aufnahme zeigt einen Ausschnitt des Gemäldes von Hans Kloss im Kapitelsaal des Klosters Lorch

Lorch - Seit Juli 1998 hat der Maler Hans Kloss ununterbrochen im Kloster Lorch gearbeitet. Sieben Tage pro Woche. Jetzt steht das größte Werk seiner Laufbahn kurz vor der Vollendung. Pünktlich zur 900-Jahr-Feier des Klosters am 3. Mai soll das 30 Meter lange und viereinhalb Meter hohe Rundbild vollendet sein. In mehr als einem Dutzend Hauptszenen und vielen Nebenszenen um Liebe und Verrat erzählt es die Geschichte der Staufer. Vom Aufstieg im Jahr 1102 bis zum Fall des Kaisergeschlechts 166 Jahre danach.

"Ich hatte die Idee für dieses Panoramabild schon sehr lange", sagt der 63 Jahre alte Künstler. Schließlich habe er auf halber Strecke zwischen Lorch (Ostalbkreis) und Hohenstaufen gewohnt. "Die Hohenstaufer müssen also immer direkt an meinem Haus vorbeigezogen sein." Als sich der Lorcher Gemeinderat 1997 über die anstehende 900-Jahr-Feier des Klosters unterhielt, habe der Künstler, der auch Stadtrat ist, die Gelegenheit beim Schopfe gepackt. Ein Jahr später begann er, das Werk im Kapitelsaal des Klosters auf die Leinwand zu übertragen. Inzwischen ist das bunte Ölgemälde mit 1500 menschlichen Figuren und 400 Tieren beinahe vollendet.

Während seiner Arbeit am Bild kamen immer wieder Besucher und ganze Schulklassen, um dem Maler über die Schultern zu schauen. "Das Werk scheint für die meisten Menschen wie ein Schock zu sein. Die Leute nehmen den Hut ab, senken die Stimme und sind ganz feierlich", berichtet Kloss. Neben den Farben und der Geschichte ist vor allem das Format des Bildes beeindruckend. "Da es ein Rundbild ist, sind die Menschen mittendrin im Gemälde. Sie schauen nicht nur einfach drauf. Das schafft eine Atmosphäre, die sonst nicht erfahrbar ist", sagt Kloss. Das auf einer frei stehenden Sperrholz-Rotunde erschaffene Werk hat einen Durchmesser von 8,54 Metern.

Der Maler hat nach den Worten seines Pressesprechers Gerhard Schwarz bewusst auf Grausamkeiten verzichtet. Obgleich der Aufstieg und Fall des deutschen Kaisergeschlechts nicht ohne eine Reihe von Schlachten dargestellt werden konnte, habe er keine aufgeschlitzten Bäuche gemalt. "Die Kämpfe sind als Schlacht arrangiert und formal erkennbar. Aber bis auf ein wenig Blut ist nichts Ekliges im Bild", sagt Schwarz. Stattdessen habe Kloss viele menschliche Kleinigkeiten mit eingebaut. Etwa einen Soldat, der sein Geschäft im Schatten einer Bretterwand verrichtet. Oder eine Frau ohne Unterhose. "Es ist unglaublich. Auf diesem riesigen Gemälde tummeln sich 1500 menschliche Figuren. Aber jeder sieht die Frau ohne Slip."

Dabei sei es dem Künstler nicht um Pornografie, sondern um Authentizität gegangen. "Die Szene zeigt die Flucht der Weiber vom Weinsberg. Damals gab es noch keine Höschen", erläutert Schwarz. Überhaupt habe sich Kloss intensiv mit der Bekleidung der Leute im Mittelalter beschäftigt, um sein Werk möglichst realistisch malen zu können.

An die 200 Menschen aus Lorch und Umgebung ließen sich als Vorbild für Ritter oder Fußvolk auf dem Panoramabild malen. Um zwischen Barbarossa, Friedrich II. und dem 1268 in Neapel geköpften letzten Staufer Konradino verewigt zu werden, wurden sie je nach Größe und Platz zur Kasse gebeten. Diese Spielerei fällt freilich nur Kennern der lokalen Szene auf. Nicht aber Gästen, die wie Hans und Doris Schönemann aus Esslingen angereist sind. Die beiden sind von dem Werk begeistert. "Die Farben sehen aus wie im Märchen, man kann hier stundenlang sitzen und die Details betrachten", sagt Doris Schönemann. Besonders die Schlussszene mit der Enthauptung Konradinos gefalle ihr: "Der süffisante Gesichtsausdruck des Papstes ist einfach toll." dpa/lsw

Quelle: Stuttgarter Zeitung 8.3.2002 - stuttgarter-zeitung.de